Berlin – Indien und China sprechen wieder miteinander. Zwei Staaten, die sich seit Jahren misstrauten, entdecken plötzlich gemeinsame Interessen. Es sind nicht Freundschaft oder Vertrauen, die sie zusammenführen, sondern die USA. Die Politik Washingtons zwingt beide, nach neuen Wegen zu suchen – und das verändert die Weltordnung.
Für Deutschland ist das mehr als eine Randnotiz. Indien und China stehen für mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung. Wenn sie enger kooperieren, können sie globale Märkte prägen, Lieferketten neu ordnen und politische Allianzen verschieben. Europa muss sich fragen: Wo bleibt unser Platz in diesem Spiel?
Die wirtschaftlichen Folgen könnten gravierend sein. Deutschland hat Indien in den letzten Jahren als eine Art Gegenstück zu China gesehen. Ein Partner, der neue Absatzmärkte bietet und weniger Abhängigkeit von Peking verspricht. Doch wenn Neu-Delhi und Peking gemeinsame Sache machen, könnte diese Rechnung nicht mehr aufgehen. Wäre Indien nicht länger der sichere Hafen für Berlin?
Auch geopolitisch wird es unruhiger. Die USA drängen Deutschland, sich klarer an ihrer Seite zu positionieren – wirtschaftlich wie militärisch. Gleichzeitig wächst der Druck, den Zugang zu Asien nicht zu verlieren. Wenn China und Indien ihre Zusammenarbeit ausbauen, könnten europäische Interessen dort ins Abseits geraten.
Für deutsche Unternehmen entsteht ein doppeltes Risiko. Einerseits bleibt die Abhängigkeit von China bestehen. Andererseits verliert Indien an Attraktivität als „sicherer Hafen“. Wer in Asien investieren will, muss künftig mit einem eng verknüpften chinesisch-indischen Block rechnen – und mit Regeln, die nicht in Berlin oder Brüssel geschrieben werden.
Deutschland steht also vor einer klaren Aufgabe: die eigene Strategie in Asien überdenken. Weniger Naivität, mehr Pragmatismus. Partnerschaften mit kleineren Staaten wie Vietnam oder Indonesien könnten wichtiger werden. Gleichzeitig braucht es eine europäische Linie, die den wachsenden Einfluss von China und Indien ernst nimmt, ohne in totale Abhängigkeit zu geraten.
Die Annäherung zwischen Peking und Neu-Delhi zeigt eines deutlich: Weltpolitik passiert nicht mehr zwischen Washington und Moskau allein. Wenn Deutschland die Zukunft mitgestalten will, darf nicht länger abwartet werden. Das heißt, schneller zu handeln, klarer zu entscheiden – und endlich eigene Interessen zu definieren.