Die westfälische Küche ist bekannt für ihre herzhafte Schlichtheit, die jedoch mehr bietet, als es auf den ersten Blick scheint. Zwei ihrer wohl markantesten Vertreter, Pumpernickel und Töttchen, verkörpern genau diesen Charakter: Einfach, bodenständig und doch voller Geschichte.
Das Pumpernickel, dieses tiefschwarze Roggenbrot, ist weit über die Grenzen Westfalens hinaus ein Begriff. Aber wer weiß schon, wie viel Zeit es wirklich braucht, um ein echtes Pumpernickel zu backen? Ganze 16 bis 24 Stunden dauert der Prozess, bei dem Roggenschrot langsam bei niedriger Temperatur gebacken wird. Kein Wunder, dass das Brot früher als „Arme-Leute-Brot“ galt: Es war sättigend, lange haltbar und – das Wichtigste – aus regionalen Zutaten hergestellt. Heutzutage findet man Pumpernickel längst nicht mehr nur auf dem Frühstückstisch. Es hat sich seinen Weg in die gehobene Gastronomie gebahnt, wird als Canapé-Basis verwendet oder in Desserts wie Pumpernickel-Parfait verarbeitet. Eine kuriose Wendung für ein Brot, das einst so bescheiden war.
Ganz anders, aber nicht weniger typisch, präsentiert sich das Töttchen. Wer das Gericht nicht kennt, könnte zunächst stutzen, wenn er hört, dass es ursprünglich als „Resteessen“ der Fleischküche entstand. Zubereitet aus Kalbfleisch, Brühe, Zwiebeln und oft einer dezenten Muskatnote, war es einst eine clevere Methode, nichts vom geschlachteten Tier zu verschwenden. Heute schätzt man die sämige Konsistenz und den würzigen Geschmack des Töttchens, das besonders in traditionellen Gasthäusern Westfalens seinen festen Platz hat. Übrigens: Der Name „Töttchen“ klingt vielleicht kurios, hat aber keine eindeutig belegte Herkunft – was Raum für allerlei Spekulationen lässt.
Beide Gerichte haben etwas gemeinsam, das typisch für Westfalen ist: Sie erzählen Geschichten. Geschichten von Sparsamkeit, von Kreativität in der Küche und von einer tiefen Verbundenheit mit der Region. Dabei sind sie alles andere als altmodisch – im Gegenteil, sie erleben eine Renaissance, da viele Menschen wieder Wert auf ursprüngliche, unverfälschte Speisen legen.
Und so wird das Töttchen, mit seiner unverkennbaren Note, vielleicht auch in Zukunft noch Generationen erfreuen. Das Pumpernickel? Das bleibt ein unverrückbarer Klassiker – mal ganz klassisch mit Butter, mal modern interpretiert. Und wer weiß, vielleicht entdeckt man noch ganz neue Seiten an diesen westfälischen Spezialitäten. Eins steht jedenfalls fest: Sie sind mehr als nur Essen – sie sind ein Stück Heimat.