Kinderarmut in Deutschland auf neuem Höchststand: Bericht

20. Mai, 2024

Berlin – Die Kinderarmut in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2022 war laut einem Bericht des Paritätischen Gesamtverbands jedes fünfte Kind betroffen.

Rund 14,2 Millionen Menschen in Europas größter Volkswirtschaft leben in Armut, teilte der Paritätische Gesamtverband am Dienstag mit. Am stärksten betroffen seien Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit geringen Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

“Die Armut in Deutschland ist auch in 2022 auf sehr hohem Niveau verblieben”, sagte Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Verbandes. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl zwar leicht gesunken, liege aber noch immer um eine Million höher als vor der COVID-19-Pandemie und der Energiekrise im Jahr 2019.

Seit 2006 gebe es einen “fast ungebrochenen Trend einer stetig wachsenden Armut”, sagte Schneider und fügte hinzu, dass dieser nun zwar “erst einmal gestoppt” sei, sich aber “längst nicht gedreht” habe. Auch im Jahr 2023 sei eine solche Trendumkehr “mit Blick auf die wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen” nicht zu erwarten.

Inmitten der Rezession waren Ende 2023 fast 2,64 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos, das sind 183.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die schwache Konjunktur sei “nicht spurlos am Arbeitsmarkt vorüber gegangen”, sagte Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit.

In den vergangenen zwei Jahren ist die Bundesregierung den stark steigenden Verbraucherpreisen mit umfangreichen Entlastungsmaßnahmen wie Steuersenkungen und Energiepreisdeckeln entgegengetreten. Auch der Mindestlohn wurde in zwei Schritten von 10,45 Euro auf 12,41 Euro angehoben.

Der Paritätische Gesamtverband hält dies jedoch für nicht ausreichend und fordert eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro. Außerdem müsse die Kinderbetreuung ausgebaut und eine Kindergrundsicherung zum Schutz vor Armut eingerichtet werden, so der Verband.

Die Bundesregierung will die Kindergrundsicherung bis zum Jahr 2025 umsetzen, doch die Gespräche darüber sind aufgrund von Haushaltsengpässen nach der gescheiterten Umwidmung der COVID-19-Hilfsfonds zugunsten des Klimaschutzes ins Stocken geraten. Statt der ursprünglich geplanten 12 Milliarden Euro für die Maßnahme stehen nur noch 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung.

Der Schritt, verschiedene Leistungen für Kinder in einem Instrument zusammenzuführen, sei zwar begrüßenswert, “die aktuell genannten Vorhaben entsprechen aber eher einer Verwaltungsreform als einer echten Kindergrundsicherung”, sagte Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Xinhua