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Auf ein paar Pils in Pilsen

21. Juni, 2025

Pilsen – Der Ort, wegen dem es die meisten Besucher nach Pilsen zieht, liegt praktischerweise vom Hauptbahnhof nur gut fünf Minuten Fußmarsch einen Hügel hinab entfernt. Und so ist zu vermuten, dass es viele handhaben wie die vor mir laufenden Männer mittleren Alters: Sie gehen auf direktem Weg vom Zug zur Brauerei.

Brauereien zum Besichtigen – und zur Bierverkostung – gibt es in vielen Städten und sie ziehen zuverlässig ihr Publikum an. Doch dass eine Brauerei die mit Abstand am meisten besuchte Sehenswürdigkeit einer Stadt ist, ist schon bemerkenswert.

Auch wenn man beim Tourismusbüro nicht müde wird zu betonen, dass Pilsen und seine Umgebung viele schöne Ecken hätten, was zweifellos richtig ist. Dennoch lehnt man sich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn man festhält: Gäbe es das Bier nicht, das seit 1842 einer ganz Brauart ihren Namen gibt, hätten viele die Stadt anderthalb Zugstunden westlich von Prag nicht auf dem Schirm.

Pilsen ist Bier und Bier ist Pilsen, heißt es auch auf der Website der Stadt. Und wer würde dem widersprechen?

Die Brauerei und ihr unterirdisches Gewölbe

Natürlich startet man also dort, wo es auch die deutsche Männer-Reisegruppe direkt hingezogen hat: bei der Brauerei von Pilsner Urquell. Die ist in jedem Fall einen Besuch wert, vor allem wegen der neun Kilometer an unterirdischem Gewölbe, durch die man zum Schluss passagenweise geführt wird. Es ist kühl und feucht, wer nicht aufpasst, droht auf den glitschigen Steinen auszurutschen.

Hier wurde das Bier einst in Holzfässern bei konstant niedrigen Temperaturen offen gegärt. Die riesigen Keller erinnern einen an Bergbaustollen. Sie mussten breit genug für Pferdekarren sein.

Längst gärt das Bier in gekühlten Stahltanks, doch einige Chargen werden weiterhin in Holzfässern hier unten gegärt. Und genau dieses Bier können Besucher am Ende der Führung probieren: unpasteurisiertes und noch nicht gefiltertes Pilsner.

Es sei quasi das Bier, dass die Urväter des Pils 1842 am Ende ihrer Tüftelei gekostet und für gut befunden hätten, erklärt die Führerin, nachdem sie allen ein 0,3-Liter-Glas aus dem Holzfass vollgemacht hat. Das Ur-Pilsner ist trübgelb und sehr süffig. Es ist das Highlight der Führung.

Schönheitskur für das Zentrum der Stadt

Von der Brauerei ist es nur ein weiterer Fußmarsch von wenigen Minuten in die Altstadt, die vor nicht allzu langer Zeit erst so richtig herausgeputzt wurde. 2015 war Pilsen Kulturhauptstadt Europas, und im Zuge dessen war in den Jahren davor kräftig Geld geflossen, um Gebäude und Parks hübsch zu machen. Das sieht man.

Vielleicht übertreibt Stadtführer Jan ein wenig, wenn er erzählt, vorher sei hier alles grau gewesen und die Parks halbe Dschungel mit hohen Wiesen. Doch selbst wenn es so gewesen sein sollte: Das Pilsner Zentrum von heute präsentiert sich sauber, mit schönen Fassaden und einem Parkring rund um die Innenstadt mit kurz geschnittenem Rasen, Springbrunnen und gepflegten Beeten. Auch an Gaststätten und Bars herrscht kein Mangel.

In der Mitte von allem thront die St.-Bartholomäus-Kathedrale. 102 Meter hoch, die höchste Kirche Tschechiens. Links vom Eingangsportal ist eine kleine Tür, die man fast übersehen könnte. Geht man durch, erreicht man nach rund 300 Stufen die Aussichtsplattform. Das Bier ist auch hier oben nicht weit weg, die Brauerei unübersehbar.

Wieder unten angekommen, erzählt Jan, dass die Kathedrale eine katholische Kirche sei. «Es ist selten ein Problem, hier einen Platz zu bekommen – wir sind das wohl atheistischste Land der Erde», fügt er an. Ganz unrecht hat er nicht: Im europäischen Vergleich ist Tschechien beim Grad der Säkularisierung vorne dabei.

Wo das Land ganz sicher weltweit Spitze ist, ist der Pro-Kopf-Bierkonsum, das zeigen Daten. Darauf angesprochen, sagt Jan nur: «Vielleicht haben sie einen neuen Gott gefunden?»

Wo es gutes Bier und gutes Essen gibt

In Pilsen soll die Kneipendichte gemessen an der Einwohnerzahl höher als in Prag sein, sagt man mir. Mag sein, auch wenn die Gaststätten mit klassischer Küche wie Gulasch oder Svíčková und – Ehrensache – Pilsner Urquell am Zapfhahn hier nicht so augenfällig oft zu sehen sind wie in manchen Teilen der tschechischen Hauptstadt.

Zu den empfehlenswerten Adressen für böhmische Genuss- und Bierkultur zählen im Zentrum der Stadt das U Salzmannů und das Na Parkánu, wo man etwa die sehr intensive Knoblauchsuppe auch mit einem ungefilterten Urquell hinunterspülen kann.

Auf dem Gelände der Brauerei steht in ehemaligen Gärkellern mit dem Na Spilce das nach eigenen Angaben größte Restaurant Tschechiens. Es wäre aber ein Fehler, den Pilsner Bierkosmos nur auf das eine Bier mit dem weltbekannten Namen zu reduzieren.

Nicht nur, dass es mit Gambrinus eine zweite, vor allem in Tschechien bekannte und verbreitete Biermarke gibt, die in Steinwurf-Entfernung vom Pilsner Urquell gebraut wird. Es finden sich in und um Pilsen mehr als ein Dutzend kleinere Brauereien.

Baden in Bierzusatz – mit Zapfanlage an der Wanne

Die Größte unter diesen Kleinen ist Purkmistr. Auf einem ehemaligen Bauernhof im dörflichen Ortsteil Černice, sieben Kilometer südlich vom Zentrum, wird nicht nur Bier gebraut. Es gibt auch ein empfehlenswertes Restaurant, ein Hotel und ein Bier-Spa.

Das Spa ist das Aushängeschild von Purkmistr. Der Kern des Angebots sind mehrere große Holzbadewannen für ein warmes Bad mit bierhaltigen Badezusätzen und einer Zapfanlage in Griffweite neben der Wanne, in der man sich kühles Lagerbier ins Glas füllen kann.

Persönlicher Eindruck: Die gut 25 Minuten im Bierbad mit Frischgezapften waren erstaunlich entspannend. Irgendwie zwangsläufig bekam man für die anschließende Zeit im Ruheraum natürlich wieder ein Bier angeboten. Wer Bier mag, für den funktioniert die Art der Entspannung in jedem Fall. Und Pilsen als Reiseziel.

Info-Kasten: Pilsen

Anreise: Mit dem Zug etwa über Prag. Pilsen liegt im Westen Tschechiens, rund 90 Kilometer von der Hauptstadt entfernt.

Brauerei von Pilsner Urquell: Nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt liegt das weitläufige Gelände, auf Tschechisch Plzenský Prazdroj. Führungen kann man online buchen.

Bierfeste: Jedes Jahr am ersten Oktoberwochenende ist auf dem Brauereigelände Party mit Bands und reichlich Pilsner Urquell beim Pilsner Fest. Eine Empfehlung für Bierliebhaber ist das «Sun in a Glass»-Festival, das Mitte September rund um das Purkmistr-Gelände in Pilsen-Černice steigt: Hier präsentieren kleine Brauereien aus der Stadt und Region ihre Kreationen.

Empfehlung: Die Bar Klub Malých Pivovarů zwischen Bahnhof und Brauerei mit großem Fassbier-Angebot abseits des allgegenwärtigen Pilsner Urquells.

Informationen: Auskünfte und Tipps, auch übers Bier hinaus, für den Pilsen-Besuch gibt es in deutscher Sprache beim Tourismusbüro der Stadt unter https://www.visitpilsen.eu/de/.